Das neue Gesetz über die Entwicklungszusammenarbeit geht in die Endrunde. Auch wenn nicht alle Erwartungen erfüllt wurden, so sei es doch eine brauchbare Grundlage für die entwicklungspolitische Arbeit der Zukunft.
Ich bin seit Jahren auf verschiedenen Ebenen der Entwicklungszusammenarbeit tätig und habe natürlich auch die langjährige Diskussion zum EZA-Gesetz mitverfolgt. In die Schlussphase der Beratung zum Gesetzesentwurf war ich als Mitglied des Beirats involviert. Diesem gehören neben Vertretern von NGOs höchst kompetente Experten für Entwicklungspolitik aus dem In- und Ausland an. Der Beirat hat sich intensiv und gestaltend mit dem Gesetzesentwurf auseinander gesetzt.
Dem Beirat wurde ein Erstentwurf vorgelegt, der in wichtigen Bereichen auf Ablehnung stieß. Er enthielt Formulierungen, die für die Vertreter der NGOs unannehmbar waren, weil sie den staatlichen Stellen Monopolcharakter eingeräumt und die Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in die Rolle der Bittsteller gedrängt hätten, statt sie als wertvolle Partner zu akzeptieren. Gerade das vehemente Eintreten der Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit (AGEZ), die sehr überzeugende Formulierungsvorschläge vorlegen konnte, führte schließlich zu einer Änderung der betreffenden Paragraphen 4 und 5.
Nicht zuletzt war es auch das engagierte Eintreten des Beiratsmitgliedes Martin Jäggle für die entwicklungspolitische Bildungs- und Kulturarbeit, dass dieses Anliegen in der Regierungsvorlage letztendlich doch Berücksichtigung gefunden hat. Wie überhaupt vermerkt werden darf, dass die sehr fundierten Formulierungsvorschläge der AGEZ die Diskussion im Beirat stark beeinflusst und auch in wichtigen Punkten Eingang in das Gesetz gefunden haben.
Insofern war für mich die ablehnende Stellungnahme der AGEZ zur eingebrachten Regierungsvorlage nicht nachvollziehbar und nur durch die Tatsache zu erklären, dass eine der wesentlichen Forderungen nicht durchgesetzt werden konnte, nämlich die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung der EZA. Dazu hätte es der Festschreibung einer schrittweisen Anhebung des österreichischen Beitrages zur Entwicklungszusammenarbeit von derzeit 0,25 % auf 0,7 % des BIP bedurft.
Im Beirat gab es auch den Vorschlag, als ersten Schritt den Beitrag Österreichs zur EZA zumindest auf den EU-Durchschnitt von derzeit 0,33 % anzuheben.
Diese gewünschte finanzielle Absicherung war nicht durchsetzbar ebenso wenig wie der Vorschlag, einer steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden an die EZA, um Sponsorengelder aus dem Bereich der Wirtschaft lukrieren zu können.
Der nunmehr vorliegende Gesetzesentwurf ist ein Kompromiss, der so manchen Vorstellungen nicht entspricht. Zu hoch gesteckt waren vielleicht auch die Erwartungen, insbesondere was die finanzielle Absicherung betrifft. So gesehen spiegelt der Entwurf ziemlich genau den Stellenwert wider, den Entwicklungszusammenarbeit in unserer heutigen konsumorientierten Gesellschaft, in einer Zeit fortschreitender Entsolidarisierung einnimmt. Nur eine breit angelegte Informations- und Bildungsarbeit wird hieran längerfristig etwas zu verändern vermögen.
Alles in allem ist der Gesetzesentwurf dennoch eine gute und brauchbare Grundlage für die entwicklungspolitische Arbeit der Zukunft und ganz sicher ein Fortschritt gegenüber der derzeitigen Gesetzeslage. Das lässt sich mehrfach begründen:
Das neue Gesetz definiert im § 1 die Ziele und Aufgaben der EZA klar und eindeutig. Sie umfassen die Armutsbekämpfung, Friedenssicherung, Demokratieentwicklung und Menschenrechte ebenso wie die Erhaltung der Umwelt und den Schutz natürlicher Ressourcen als Basis für eine nachhaltige Entwicklung. Nicht unwichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Festschreibung des Kohärenzgebotes, welches alle Bundesstellen verpflichtet, diese Ziele in ihrer Politik zu berücksichtigen.
Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Partnern ist nun im Gesetz definiert, die NGOs konnten sich dabei mit ihren Vorstellungen weitgehend durchsetzen und wurden mit der Festschreibung ihrer Rolle in ihrer Position gestärkt. Sie werden diese ihre Aufgabe ganz bestimmt auch konsequent wahrnehmen und die Partnerschaft mit den staatlichen Stellen praktizieren oder aber sie einfordern, wenn es sich als notwendig erweisen sollte.Wenngleich bzw. gerade weil die Forderung nach einer angemessenen Finanzierung der EZA im Gesetz bedauerlicherweise nicht geregelt wurde, wird sie nicht aus der Diskussion verschwinden.
Mit dem Gesetz wird das Thema Entwicklungszusammenarbeit endlich wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt und werden die politischen Verantwortungsträger herausgefordert, Position zu beziehen. Wir sollten dies auch als Chance sehen und zu nutzen versuchen.
Hermann Schaller ist seit langem in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv. Er war Vorsitzender des ÖED und der Diözesankommission für Weltkirche Graz. Seit vergangenem Jahr ist er Mitglied des Beirates für Entwicklungspolitik im Außenministerium.
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